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§ 184b StGB: Der missglückte Kinderpornografie-Straftatbestand

Durch das Gesetz zur Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Kinder wurde der § 184b StGB im Jahr 2021 mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr ausgestaltet. Nun soll die Strafbarkeit wieder entschärft werden. Eine Standortbestimmung zum aktuellen Sachstand der Diskussion.

 

Kommt nach der Verschärfung wieder die Entschärfung?

In jeder aktuellen Ausgabe des Strafgesetzbuches ist deutlich nachzulesen, dass der Besitz kinderpornografischer Inhalte seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt am 01.07.2021 mit einer Mindeststrafandrohung von Freiheitsstrafe von einem Jahr belegt ist. Folgerichtig ist § 184b nun ein Verbrechen im Sinne von § 12 StGB.

Nicht nur Strafverfolger, sondern auch Landesjustizminister, Juristen und zuletzt auch Innenministerin Nancy Faeser forderten kurz nach Inkrafttreten der Strafverschärfungen wieder Entschärfungen des missglückten Kinderpornografie-Straftatbestandes. auch Justizminister Marco Buschmann sprach sich aus für eine Reform der Reform.

 

Die Verschärfung des § 184b StGB durch das Gesetz zur Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Kinder

Ausgangspunkt der Verschärfungen waren erschreckende Missbrauchsfälle.

Es ist völlig klar, dass der Schutz von Kindern mit Mitteln des Strafrechts gewährleistet werden muss. So wurde der Besitz, die Besitzverschaffung und der Abruf tatsächlicher oder wirklichkeitsnaher Inhalte durch das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder zum Verbrechenstatbestand hochgestuft und mit dem Strafrahmen ,,Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren’’ versehen. Ein minder schwerer Fall war nicht vorgesehen. Dies hat insbesondere weitreichende Folgen für die Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 Abs. 2 StGB), sowie andere prozessual alternative Erledigungen wie beispielsweise die Einstellung nach § 153a StPO. Schnell zeigte sich: Die Verschärfung schaffte in der Praxis mehr Probleme als sie zu lösen. Sogar Richter und Staatsanwälte wünschen sich eine erneute Änderung der Norm und eine Entschärfung des § 184b StGB.

 

Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Die Hochstufung zum Verbrechen stelle ein Verbot gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dar und greife daher verfassungswidrig in das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 2 GG) ein.

Der Gesetzgeber sei mit der Verschärfung weit über das Ziel gerechter Bestrafung hinausgeschossen. Einzelfälle machten immer wieder deutlich, dass der Strafrahmen zu unflexibel sei, um auch auf Fälle äußerst geringen Unrechts angemessen reagieren zu können.

 

Anwendung in der Strafrechtspraxis schlechthin unpraktikabel

In der vergangenen Zeit hatte es zunehmend Kritik aus der Praxis gegeben. Insbesondere die Stimmen der Strafverfolger und Strafverfolgungsbehörden wurden laut. Diese würden durch die Verschärfung zum Einsatz ihrer ohnehin knappen Ressourcen gezwungen. Diese berichteten von atypischen Fällen, in denen Schüler, Eltern oder Lehrer als Verbrecher stigmatisiert wurden und lediglich eine einzelne Abbildung zum Verfahrensgegenstand wurde. So stehen immer mehr sogenannte ,,naive Täter’’ vor Gericht. Beispielsweise eine Mutter, die ein einschlägiges Foto auf dem Handy ihrer Tochter fand und dieses mittels Screenshot an andere Eltern weiterleitete, um diese über den Fund zu informieren. Dass in einem solchen Fall die Verhängung einer einjährigen Freiheitsstrafe nicht erforderlich ist, sollte klar sein.

Eine solche wäre jedoch nach dem Wortlaut des Gesetzes fällig. Auch ,,Spaßvideos’’, die Kinder auf dem Schulhof verbreiten, können den Tatbestand des § 184b verwirklichen.

 

Auch die Länder machen Druck

Am 10. November 2022 drängten die 16 Landesjustizminister den Bundesjustizminister Marco Buschmann, die Verschärfung wieder rückgängig zu machen. In einem Gesetzesentwurf solle er entweder eine Herabstufung zum Vergehen oder eine Regelung für minder schwere Fälle vorlegen und die Mindeststrafe in § 184b Abs. 3 StGB auf unter ein Jahr festlegen.

 

Was sind die neuesten Entwicklungen?

In Kürze wird wohl das Bundeskabinett die Rücknahme der von der GroKo beschlossenen Strafverschärfung für Kinderpornografie beschließen.

Die Strafrahmen werden so angepasst, dass der Tatbestand kein Verbrechen mehr ist und eine entsprechende Einstellung beispielsweise nach §153 und §153a StPO wieder möglich ist, wenn die Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen.

Nach dem aktuellen Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums soll derjenige, der kinderpornografische Inhalte verbreitet oder herstellt (Abs.1), zukünftig nur noch mit mindestens sechs Monaten - statt einem Jahr - Gefängnis bestraft werden. Des Weiteren soll auch die Mindeststrafe für den Besitz etc. nach §184b Abs.3 von bisher einem Jahr auf drei Monate abgesenkt werden. Die Höchststrafen (zehn bzw. fünf Jahre) sollen jedoch unangetastet bleiben.

Dadurch soll sichergestellt werden, dass auch künftig schwere Taten angemessen sanktioniert werden.


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Fachanwalt für Sexualdelikte Nikolai Odebralski

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