Sexualstrafrecht bundesweit
Vorladung oder Hausdurchsuchung wegen Jugendpornografie, § 184c StGB
In vielen Fällen wurzelt ein Tatvorwurf im Zusammenhang mit Jugedpornografie im Internet.
Die Ermittlungsbehörden erhalten in aller Regel Kenntnis einer IP-Adresse und ermitteln sodann den zugehörigen Anschlussinhaber. Dieser oder eine andere männliche ebenfalls mit im Haus lebende Person, wird dann automatisch als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen Jugendpornografie geführt. Die Ermittlungen beginnen in nahezu allen Fällen zunächst mit einer für den Beschuldigten völlig überraschenden Hausdurchsuchung wegen Jugendpornografie (oder alternativ einer polizeilichen Vorladung als Beschuldigter wegen Besitz jugendpornografischer Inhalte) durch die Polizei.
Steht der Vorwurf der Verbreitung, des Erwerbs oder des Besitzes von Jugendpornografie im Raum ist es deshalb unerlässlich schnellstmöglich – im besten Fall noch während der laufenden Hausdurchsuchung oder unmittelbar nach Zugang der polizeilichen Vorladug – den Rat eines auf das Sexualstrafrecht spezialisierten Anwalts einzuholen.
Notfallnummer:
0151 - 11 63 20 82
(Anruf oder WhatsApp)
Was sind jugendpornografische Inhalte im Sinne des § 184c StGB?
§ 184c StGB stellt den Umgang mit jugendpornografischen Inhalten unter Strafe. Der Vorwurf richtet sich danach regelmäßig auf sexualisierte Bilder und Videos mit Personen, die mindestens 14 aber noch nicht 18 Jahre alt sind
Im Detail ist ein jugendpornografischer Inhalt nach § 184c StGB ein solcher Inhalt, de
1. eine sexuelle Handlung vor, an oder von einer jugendlichen Person oder
2. die Wiedergabe „unnatürlich geschlechtsbetonter“ Körperhaltungen (d.h. bewusst sexualisierte „Posing“-Haltungen, wie etwa das Spreizen der Beine) oder
3. die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes einer jugendlichen Person, zum Gegenstand hat
Zu beachten ist, dass nicht ausschließlich Bilder und Videos realer Jugendlicher vom Straftatbestand erfasst sind. Auch Texte, Comics oder KI-generierte Dateien können den Vorwurf der Jugendpornografie nach § 184c StGB nach sich ziehen und zu einer Vorladung oder Hausdurchsuchung wegen Jugendpornografie führen.
An dieser Stelle ist durch einen auf das Sexualstrafrecht spezialisierten Anwalt zunächst zu überprüfen, ob es sich überhaupt um eine jugendliche Person handelt. Vielfach ist für den Betrachter nicht genau erkennbar, ob es sich um eine 16-, 17- oder bereits 18-jährige Person handelt. Hier ergeben sich diverse Argumentationsmöglichkeiten für die Verteidigung.
Zur Beurteilung des Alters wird die Verteidigung zudem auf die Beachtung der Begleitumstände verweisen. Vielfach handelt es sich bei den abgebildeten Personen nämlich nur um „Scheinjugendliche“, d.h. um bereits volljährige Personen. Für den Betrachter soll – beispielsweise durch die zu einem Video gehörige Überschrift „Teen“ – lediglich der Eindruck erweckt werden, dass es sich um eine jugendliche Person handelt. In einem solchen Fall wäre bzw. ist der Straftatbestand des § 184c StGB (Besitz von Jugendpornografie) nicht erfüllt.
Die Tathandlungen des § 184c StGB: Besitz von Jugendpornografie
§ 184c StGB stellt nahezu sämtlichen Umgang mit Jugendpornografie unter Strafe. Die Tathandlungen stellen sich dabei wie folgt dar:
Besitz und Abrufen von Jugendpornografie, § 184c StGB
In den meisten Fällen wird der Vorwurf auf Besitz von Jugendpornografie nach § 184c Abs. 3 StGB lauten. Besitz meint nach ständiger Rechtsprechung das Aufrechterhalten eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses aufgrund Besitzwillens. Erfasst ist grundsätzlich auch das Unterlassen von Vernichtung oder Abliefern jugendpornografischer Inhalte. Bei elektronischen Dateien ist Besitz gegeben, wenn eine Datei auf einem permanenten Medium gespeichert ist, das sich im Herrschaftsbereich des Täters befindet
Gerade im Hinblick auf elektronische Dateien gilt es durch die Verteidigung im Einzelfall genau zu überprüfen, wo die entsprechende – möglicherweise manuell bereits gelöschte – Datei abgespeichert ist. In diversen von uns bearbeiteten Fällen, konnten die Verfahren eingestellt werden, da sich die von den Ermittlungsbehörden festgestellten inkriminierten Dateien im Cache-Speicher des Computers befunden hatten und deshalb durch einen durchschnittlichen Benutzer eines Computers nicht wiederhergestellt werden konnten. An solchen im Cache-Speicher befindlichen Dateien besteht nach ständiger Rechtsprechung nämlich grundsätzlich kein Besitz im Sinne des § 184c Abs. 3 StGB
Über den Besitz hinaus stellt § 184c StGB aber auch das bloße Abrufen jugendpornografischer Inhalte ohne dauerhafte Speicherung unter Strafe. Erfasst ist damit auch das Streamen entsprechender Inhalte.
Verbreiten, Besitzverschaffen und öffentliches Zugänglichmachen von Jugendpornografie, § 184c StGB
Strafbar macht sich nach § 184c Abs. 1 StGB insbesondere, wer jugendpornografische Inhalte verbreitet, anderen den Besitz daran verschafft oder sie der Öffentlichkeit zugänglich macht
Dabei unterscheidet sich insbesondere das Verbreiten vom öffentlichen Zugänglichmachen dadurch, dass für letzteres eine Kenntnisnahme des anderen bzw. bei elektronischen Dateien ein Lesezugriff gerade nicht notwendig ist. Hier genügt für eine Strafbarkeit bereits die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme vom inkriminierten Inhalt
Das öffentliche Zugänglichmachen erfasst danach vornehmlich (offene) Tauschbörsen im Internet, wie es beispielsweise das Landgericht Wuppertal und das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden haben.
Die Tathandlung des Besitzverschaffens zielt demgegenüber vordergründig darauf ab, die Weitergabe jugendpornografischer Inhalte in geschlossenen Benutzergruppen im Internet und zwischen einzelnen Personen zu erfassen
Herstellen von Jugendpornografie, § 184c StGB
Die Tatbestandsvariante des Herstellens von Jugendpornografie zieht im Vergleich zu den anderen Tathandlungen in der Praxis meist härtere Strafen nach sich. Erfasst sind das Anfertigen und Filmen sexualisierter Verhaltensweisen von Jugendlichen.
Allerdings eröffnet § 184c Abs. 4 StGB eine Möglichkeit der Straflosigkeit für bestimmte Fälle des Herstellens. Danach macht sich nicht strafbar, wer einen jugendpornografischen Inhalt ausschließlich zum eigenen Gebrauch hergestellt hat. Darüber hinaus muss aber die dargestellte Person auch in die Herstellung eingewilligt haben. In einem solchen Fall gilt es dann zu überprüfen, ob die erklärte Einwilligung wirksam ist. Jedoch ist eine nachträgliche Überprüfung der Wirksamkeit häufig mit Schwierigkeiten verbunden, sodass sich hier diverse Argumentationsmöglichkeiten für die Verteidigung ergeben.
Schließlich erfasst der Straftatbestand darüber hinaus sämtliche auf das Herstellen oder öffentliche Zugänglichmachen von jugendpornografischen Inhalten gerichteten Vorbereitungshandlungen. Gemeint sind damit etwa das Anbieten oder Bewerben entsprechender Inhalte.
Welche Strafen drohen bei Jugendpornografie, § 184c StGB?
Im Falle einer Verurteilung insbesondere wegen Verbreitung, öffentlichen Zugänglichmachens, Besitzverschaffens oder des Herstellens jugendpornografischer Inhalte droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
Demgegenüber führt die Verurteilung wegen Besitzes oder Abrufens jugendpornografischer Inhalte zu einer geringeren Strafe. Hier sieht der Gesetzgeber eine Höchstfreiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor
In beiden Fällen geht die Verurteilung regelmäßig mit einer Eintragung im Bundeszentralregister und dem Führungszeugnis einher. Der Verurteilte gilt dann als vorbestraft.
Wie das Gericht die Strafe im Einzelfall festsetzt, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Berücksichtigt werden insbesondere etwaige (einschlägige) Vorstrafen oder die Anzahl der festgestellten Bilder und Videos.
Der Gesetzgeber hat schließlich auch eine Versuchsstrafbarkeit für Taten im Zusammenhang mit Jugendpornografie geschaffen. Kommt es zu einer Verurteilung wegen einer versuchten Tat, kann das Gericht die Strafe mildern.