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Sexualstrafrecht bundesweit

Ausziehen eines Kindes als "sexuelle Handlung"?

Alleine das Ausziehen eines Kindes erfüllt den Tatbestand des §176 StGB nicht, es handelt sich hierbei nicht um eine "sexuelle Handlung" im Sinne des Gesetzes. Das Urteil enthalte keine Feststellungen zu einer Berührung des Kindes.

 

Das Ausziehen eines Kindes stellt sich regelmäßig nicht als sexuelle Handlung ,,an’’ dessen Körper dar, wenn nicht das Entblößen seinerseits mit einer sexuellen Handlung am Körper verbunden ist. Denn das bloße Entfernen stellt nicht den körperlichen Kontakt her, der für eine sexuelle Handlung i.S.d §176 Abs.1 StGB in der Fassung vom 21. Januar 2015 erforderlich ist.

(BGH, Beschl. v. 01.01.2022 - 4 StR 404/21)

 

Im konkreten Fall hat das Landgericht Bielefeld den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit Herstellen kinderpornografischer Schriften, wegen Herstellens kinderpornografischer Schriften in fünf Fällen sowie wegen Besitzes kinderkornografischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen fertigte der Angeklagte ein Bild von dem unbekleideten Schambereich der Geschädigten, die auf einer Decke sitzend die Beine anhob.

Das Gericht stellte nicht fest, dass der Angeklagte die Geschädigte im Sinne von §176 Abs.4 StGB i.d.F vom 21. Januar 2015 dazu bestimmte, sexuelle Handlungen vorzunzunehmen.  Außerdem fertigte der Angeklagte ein Bild des Schambereichs der Geschädigten, wobei er die Unterhose des Kindes zur Seite zog. Auf dem ersten Bild zog er ihr die Hose mit zwei Fingern herunter und fotografierte den mit einer Unterhose bekleideten Scheidenbereich. Auf dem zweiten Bild zog der Angeklagte der Beschädigten das Top bis unter die Brustwarzen herunter und fotografierte diese.

Es lässt sich aus den Feststellungen nicht entnehmen, dass es zu Körperkontakt gekommen ist, welcher über den beim Ausziehen üblichen Körperkontakt hinausgeht. Diese Berührungen von geringer Intensität erfüllen jedoch das Erheblichkeitsmerkmal des §184h Nr.1 StGB nicht.

Ob, entgegen des oben genannten Leitsatzes, etwas anderes gilt, wenn sich der Täter schon mit dem Ausziehen selbst sexuell erregen will, bedarf einer entsprechenden gerichtlichen Feststellung. Dies konnte jedoch im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Das teilweise Entkleiden der Geschädigten erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen des §176 Abs.1 StGB aF nicht. Die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes kann daher nicht bestehen bleiben.


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Fachanwalt für Sexualdelikte Nikolai Odebralski

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