Nach dem aufsehenerregenden „Stadtpark-Urteil“ wird die Richterin Anne Meier-Göring als Vorsitzende der Jugendstrafkammer am Landgericht Hamburg, die das Urteil fällte, massiv im Internet angefeindet. Nun solidarisiert sich der Hamburger Richterverein mit ihr.
„Im Namen des Volkes? Nein, im Namen der schwanzgesteuerten jungen Männer, die zu Millionen schon da sind“, so ein Post auf X, ehemals Twitter. Auch „Ich wünsche der Richterin und allen Strafverteidigern den Tod“ und andere vergleichbare Drohungen gingen als E-Mails beim Landgericht Hamburg ein“.
Doch was bringt Menschen dazu, so etwas zu schreiben?
Grund dafür war das „Stadtpark-Urteil“ (Urt. v. 28.11.2023, Az. 617 KLs 27/12 jug.), welches von der Jugendstrafkammer am Landgericht Hamburg mit der Richterin Anne Meier-Göring als Vorsitzende gefällt wurde. Dieses sorgte wegen angeblicher Milde der Richterin vor allem in sozialen Medien für Diskussionen und für Hetze gegen Meier-Göring.
Das „Stadtpark-Urteil“ als „Schandurteil“?
Dem „Schandurteil“, wie es im Netz unter anderem betitelt wurde, lag folgender Sachverhalt zugrunde:
im September 2020 missbrauchten zehn junge Männer, mehrheitlich mit Migrationshintergrund ein 15-jähriges Mädchen sexuell im Hamburger Stadtpark. Es kam zu mehrfacher Vergewaltigung durch die 16-20-jährigen Männer. Im Anschluss fanden Ermittler neun verschiedene Spermaspuren an dem Mädchen. Nach dieser Gruppenvergewaltigung fällte das Landgericht Hamburg nach 68-tägiger Hauptverhandlung das aufsehenerregende Urteil, bei dem vor allem das Alter der Angeklagten zu berücksichtigen galt. Dazu Gerichtssprecher Kai Wantzen: „Die Länge der Jugendstrafen orientiert sich nach dem Jugendstrafrecht am erzieherischen Bedarf der einzelnen Angeklagten, während Gesichtspunkte wie Vergeltung und Generalprävention keine Rolle spielen dürfen.“
Einer der Männer muss für zwei Jahre und neun Monate in Haft, einer wurde freigesprochen, der Rest erhielt Bewährungsstrafen im Rahmen von ein bis zwei Jahren. Zudem mussten sie Sozialstunden leisten und das Mädchen finanziell entschädigen.
Der Hamburger Stadtpark war im „Corona-Jahr“ 2020 ein beliebter Treffpunkt für junge Leute – so wie auch für die 15-Jährige. Diese litt zur Tatzeit unter Alkoholeinfluss. Dazu die Hamburger Justiz: Sie hatte „erhebliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen“ und zeigte sich „enthemmt”. Dies nutzen die Männer aus und vergewaltigten sie abseits in den Büschen des Parks. Zudem führt Meier-Göring an, dass das Mädchen nach der Tat „schwer belastet“ sei. Auch kritisierte sie, dass den Angeklagten kein Wort des Bedauerns über die Lippen kam.
Und dennoch wurde das in den Augen vieler Social-Media-Nutzer in zu mildes Urteil ausgesprochen.
Hamburger Richterverein stärkt Meier-Göring den Rücken
Der Hamburger Richterverein bezieht nun Stellung und stärkt der Kollegin dem Rücken. Sie bedauern vor allem die im Netz kursierenden Kommentare und Drohungen gegen diese. „Der Hamburgische Richterverein verurteilt derartiges Verhalten auf das Schärfste und steht solidarisch hinter seiner Kollegin“, so die Vorsitzende des Vereins, Heike Hummelmeier.
Die Richterin sei lediglich ihren aufgetragenen Aufgaben aus dem Grundgesetz nachgekommen. Es handele sich somit um einen gezielten Angriff auf den Rechtsstaat. Die Hetzkampagnen im Netz zentralisieren sich ohne Kenntnis der Hintergründe des Falls und der umfassenden Beweislage auf den Hass gegen Meier-Göring. Vor allem „die – zudem von einem migrationsfeindlichen Hintergrund geprägten – Aufrufe zur Gewalt gegen die Richterin“ seien gänzlich unerträglich, so heißt es in der Stellungnahme.
Anzumerken sei zudem, dass von einer „Milde“ des Urteils ohnehin nicht gesprochen werden kann. Verurteilungen zu Jugendstrafen auf Bewährungen stellen innerhalb des Jugendrechts bereits eine der schärfsten Sanktionen dar.
Quellen:
ZDF: Gruppenvergewaltigung im Stadtpark: Urteil zu milde?
Anwalt.de: Kommentar zum Stadtpark-Urteil
Spiegel.de: Stadtpark-Urteil, 9 Männer verurteilt
Zeit Online: 9 Männer im Stadtpark-Verfahren verurteilt
