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Was ist eine psychosoziale Prozessbegleitung, § 406g StPO?

Unterstützung für Verletzte im Strafverfahren

Strafverfahren – vor allem bei Sexualdelikten – sind für Verletzte oft emotional überfordernd. Die psychosoziale Prozessbegleitung nach § 406g StPO soll sie durch Information, Stabilisierung und Begleitung entlasten, ohne selbst in die Rolle eines anwaltlichen Vertreters zu treten.

Schnell zum Inhalt:

§ 406g StPO regelt die sog. psychosoziale Prozessbegleitung. Nach Abs. 1 der Vorschrift gilt:  

„Verletzte können sich des Beistands eines psychosozialen Prozessbegleiters bedienen. Dem psychosozialen Prozessbegleiter ist es gestattet, bei Vernehmungen des Verletzten und während der Hauptverhandlung gemeinsam mit dem Verletzten anwesend zu sein.“

Wie läuft eine psychosoziale Prozessbegleitung typischerweise ab?

Psychosoziale Unterstützung kann etwa in der Begleitung zu Vernehmungen und Hauptverhandlungen und den damit verbundenen praktischen Hilfestellungen bestehen. Letztere umfassen beispielsweise die vorherige Besichtigung des Gerichtssaals, den Besuch anderer Gerichtsverhandlungen oder die Aufklärung über den allgemeinen Ablauf eines Strafverfahrens und die Rollen der Prozessbeteiligten. Ebenso kommen Hilfestellungen beim Umgang mit den Medien oder die Ausarbeitung von Strategien zur Bewältigung von Ängsten im Vorfeld sowie während und nach der Zeugenaussage in Betracht.

Was ist Sinn und Zweck einer psychosozialen Prozessbegleitung?

Die psychosoziale Prozessbegleitung ist insofern durch eine nicht-rechtliche Unterstützung geprägt. Damit tritt sie ergänzend neben die rechtlich ausgestaltete Nebenklagevertretung – welche eine Beteiligungsbefugnis insbesondere für Verletze bestimmter schwerwiegender Straftaten statuiert. Psychosoziale Prozessbegleiter bilden also die Schnittstelle im Strafverfahren zwischen der juristischen Aufarbeitung und der klassischen Opferhilfe.

Ziel einer psychosozialen Prozessbegleitung ist es, durch qualifizierte Betreuung, Informationsvermittlung und Unterstützung im Strafverfahren eine sog. Sekundärviktimisierung – also das erneute „Opfer werden“ – von Verletzten zu vermeiden und dadurch deren Aussagetüchtigkeit zu fördern. Das Leitbild der psychosozialen Prozessbegleitung ist dabei die klare Trennung von strafverfahrensbezogener Beratung und Begleitung, um so jegliche bewusste und unbewusste Beeinflussung oder Beeinträchtigung der Zeugenaussage durch die Begleitperson auszuschließen.

Haben Verletzte ein Recht auf eine psychosoziale Prozessbegleitung?

Bestimmte Verletzte haben einen Rechtsanspruch darauf, dass ihnen eine – für sie kostenlose – psychosoziale Prozessbegleitung vom Gericht beigeordnet wird. Dies gilt nach § 406g Abs. 3 Satz 1 StPO insbesondere für kindliche und jugendliche Opfer von Sexual- und Gewaltdelikten.

Demgegenüber bestimmt § 406g Abs. 3 Satz 2 StPO, dass dem Verletzten in den Fällen eine kostenlose psychosoziale Prozessbegleitung beigeordnet werden kann, in denen eine besondere Schutzbedürftigkeit des Verletzten dies erfordert. Die Beiordnung hat also gerade nicht zwingend zu erfolgen. Über die Beiordnung entscheidet dann das Gericht. Die Vorschrift hat dabei insbesondere auch Opfer von Vergewaltigungen im Blick.

Darüber hinaus steht es jedoch jedem Verletzten im gesamten Ermittlungs- und Strafverfahren frei, sich einer psychosozialen Prozessbegleitung zu bedienen. Die Beiordnung wird dann gerade nicht durch das Gericht angeordnet und ist für den Verletzten regelmäßig nicht kostenlos.

Anders ist dies nur, wenn der Verletzte im Verfahren zugleich als Nebenkläger beteiligt ist: Erfolgt eine Verurteilung, können dem Angeklagten nämlich nach § 472 Abs. 1 StPO die Kosten für die psychosoziale Prozessbegleitung auferlegt werden.

Haben auch (zu Unrecht) Beschuldigte das Recht auf psychosoziale Prozessbegleitung?

Die Antwort lautet hier: leider nein.

Der Gesetzgeber hat eine gesonderte Prozessbegleitung für zu Unrecht Beschuldigte nicht vorgesehen. Dies ist insofern ein Nachteil in der prozessualen Stellung, insbesondere da der Prozess für Beschuldigte ebenso belastend ist wie für vermeintlich Geschädigten.

Die Stellung des psychosozialen Prozessbegleiters im Strafverfahren

Die psychosoziale Begleitperson hat grundsätzlich ein Anwesenheitsrecht bei Vernehmungen des Verletzten vor und während der Hauptverhandlung:

Während ein gerichtlich beigeordneter psychosozialer Prozessbegleiter stets ein Anwesenheitsrecht bei Vernehmungen des Verletzten hat, kann einem nicht gerichtlich beigeordneten psychosozialen Prozessbegleiter die Anwesenheit bei einer Vernehmung des Verletzten untersagt werden. Dies kommt gemäß § 406g Abs. 4 Satz 1 StPO allerdings nur dann in Betracht, wenn seine Anwesenheit den Untersuchungszweck gefährden könnte.

Ein eigenes Fragerecht oder ein Recht zur Beanstandung von Fragen steht der psychosozialen Begleitperson jedoch nicht zu. Ebenso hat sie kein Zeugnisverweigerungsrecht. Wird sie also selbst zur Sache vernommen, darf sie die Aussage nicht unter Berufung auf ihre Eigenschaft als psychosoziale Begleitperson verweigern.

An die psychosozialen Begleitpersonen werden zudem hohe Anforderungen gestellt. Die Anforderungen an ihre Qualifikationen werden im Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren geregelt. Psychosoziale Prozessbegleiter müssen danach u.a. fachlich, persönlich und interdisziplinär qualifiziert sein.

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